Andrea Witzmann
In der Fülle der Zeit 6 / In the Wealth of Time 6
Verwöhnt, undankbar und gelangweilt. Konserviertes Selbstverständnis im Überfluss - New York schäumender Traum!
Eine Blase ist gewöhnlich nur für wenige Momente stabil und reagiert empfindlich auf die Berührung mit festen Objekten. Schwebender Raum 270 West 17th Street, New York, N.Y. 10011. Die Aussicht ist Vanitas live! Die Lücke des World Tade Centers sowie der neue Turm mit den Baukränen in der Skyline präsentieren überdeutlich das Abwesende und das Kommende. Im Windschatten des Sommers den Blick auf den Hudson schließt mich die Zeit ein. Polizeisirenen und der Aufschlag einer Gebirgsstelze an die verglaste Balkontür im Sonnenaufgang sind die Erinnerung an den ersten Morgen in New York. (Text: Andrea Witzmann)
Tropic appetite
Die Tropen - ein Quell der blühenden Fantasie: Farbenpracht, Schwüle, üppige Vegetation und Leidenschaft. Wohlig schaudernde Erregung. Vorstellungen animalischer Selbstvergessenheit. Das Gebiet der Sonnenwende zeigt sich jedoch meist bedeckt, vom Himmel abwärts beschirmt, verhüllt und undurchsichtig, wie die gleichmütig freundlich anmutenden Gesichter der Menschen. Tropic Appetite wendet sich diesen Oberflächen zu, metaphorisch einen gleichbleibenden Horizont einziehend zwischen Innen und Außen, spiegelnder Projektionsfläche und Andeutungen verborgenen Vergehens. Als wäre bloß eine Schlaufe zu lösen, ein Netz zu lüften, an der Patina zu kratzen oder ein stilles Wasser zu kräuseln - und ungeahnte Tiefen offenbarten sich.
Im rausch des immer gleichen
So selten ein beglückendes Rauscherlebnis eintritt, so häufig wird versucht, diesen Zustand herbeizuführen, die Umstände der Hinbewegung auf den Höhepunkt zu simulieren. […]. So verlagert sich der große Rausch des Losgelöstseins in die vielen kleinen Räusche der Repetition, der Nachahmung, des Festhalten Wollens und Fixierens. Die Wiederholung und das Beständige sind so Voraussetzung und zugleich Nachwirkung des Ausnahmezustandes. Die Wiederholung und das Beständige sind das Bettgestell und die Matratze unseres Alltagslebens, und genau hierauf richtet Andrea Witzmann ihr Augenmerk: auf jene Rahmenbedingungen, innerhalb derer wir auf das große Rauscherlebnis zusteuern oder auf jene Hüllen, die wir gleich Schlangen nach der Häutung abstreifen und anstandslos zurücklassen. (Ulrike Sladek)
Andrea Witzmann
* 1970 Wien, Technische Universität und Akademie der Bildenden Künste Wien, 2008 Förderungspreis für künstlerische Fotografie und Theodor Körner Preis. Letzte Ausstellungen unter anderem 2015 A Picture Made by Contemplating, MEZ Praterspitz; Downhill Serpentine, private show, London; 2010 NAMOC National Art Museum of China, Contemporary Art Museum, Kumamoto, Japan, Triennale Landesgalerie Linz, Tokyo Wonder Site - Shibuya, 2009 Kunsthalle Wien, Public Space Karlsplatz Wien, 2007 Austrian Cultural Forum, New York. Sie lebt und arbeitet in Wien.
Website: www.andreawitzmann.com