Heidrun Holzfeind
"Mein Interesse liegt einerseits auf der Konzeption und Komposition der Anlage (unter der Leitung von Mario Pani und Enrique del Moral, Direktion Carlos Lazo) als moderne Stadt (CU = Ciudad Universitaria), die modernistische Prinzipien mit historischen Referenzen, rationale Architektur im internationalen Stil mit mystischen Konzepten verbindet, und den Campus als Gesamtkunstwerk im Sinne des Bauhauses begreift, indem Architekten und Künstler interdisziplinär zusammenarbeiteten. Andererseits sind es schlicht Bilder, die den Alltag am Campus (Architektur als Sozialraum) und architektonische Veränderungen beziehungsweise das Altern modernistischer Strukturen aufzeigen." (H.Holzfeind)
Der Freitagsmarkt ist einer der wenigen Orte in Kairo, wo Menschen aus verschiedenen Einkommensschichten zusammentreffen. Er ist ein Fixpunkt in einer Gegend, die schon zur Zeit meines Aufenthaltes in Ägypten 2008 von politischen Spannungen geprägt war. Mein Interesse gilt den vielschichtigen architektonischen Konstruktionen, die typisch für Kairos populäre Viertel sind, sowie der informellen Ökonomie des Marktes: Viele der zum Verkauf angebotenen Gegenstände hinterfragen unsere westliche Vorstellung davon, was Wert besitzt beziehungsweise die Definition und Verständnis von einem "Produkt" oder "Ware" an sich. Denn was wir schnell als Abfall oder wertlos deklarieren, wird hier wiederverwertet und zum Verkauf angeboten – Ausdruck nicht nur von Verzweiflung oder ökonomischer Notwendigkeit, sondern auch vom Vertrauen in die Kreativität des Käufers, einen (neuen) Nutzen für einen gebrauchten / kaputten / "nutzlosen" Gegenstand zu finden.
Jorge Reynoso Pohlenz: Holzfeind dokumentiert […] den Freitagsmarkt in Kairo mit kinematografischen Mitteln in raumgreifenden Kamerabewegungen und weitwinkeligen Ansichten. Die Ausarbeitung der [Fujichrome Provia] Dias in Ägypten, bei der wohl zu lange gelagerte und deshalb schadhafte Chemikalien verwendet wurden, verursachte eine Tönung der Bilder, die an alte Fotografien erinnert. Die durch diesen Unfall "plötzlich gealterte" zeitgenössische Aufzeichnung und der panoramische Blick erzielen einen epischen Effekt, der die in dieser Region unvermeidlichen Brüche zwischen sozialer Wirklichkeit und sozialem Projekt aufzeigt.
Heidrun Holzfeind,
* 1972 in Lienz, Universität und Akademie der bildenden Künste Wien, Camera Austria Preis der Stadt Graz, Gerhard und Birgit Gmoser-Preis der Secession Wien, outstanding artist award des BMUKK, MAK Schindler-Stipendium; BAWAG Contemporary in Wien; OK Centrum und Lentos Linz, Mumok, Wien, Documentary Fortnight Exhibition im MoMA New York, Camera Austria Graz, Center for Curatorial Studies Bard; Manifesta 7 Rovereto, Centre d'Art Santa Monica, Barcelona, Sala de Arte Público Siqueiros, Mexico City, Galerie im Taxispalais Innsbruck, Artists Space New York. Sie lebt und arbeitet in Wien.
Website: www.heidrunholzfeind.com