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Kunstrückgabebeirat beschloss sechs Empfehlungen

Provenienz: Beirat empfiehlt sechs Rückgaben

Der österreichische Kunstrückgabebeirat beschloss in seiner 97. Sitzung Empfehlungen zu Rückgaben aus dem Naturhistorischen Museum Wien, dem MAK – Museum für angewandte Kunst, dem Heeresgeschichtlichen Museum / Militärhistorischen Institut, der Österreichischen Nationalbibliothek und dem Kunsthistorischen Museum. Des Weiteren wurde eine Empfehlung zu Rückgaben aus dem Volkskundemuseum Wien ausgesprochen.

Naturhistorisches Museum

Der erste Beschluss bezieht sich auf die geologische Sammlung von Georg Rosenberg, der die insgesamt 846 Objekte in Vorbereitung seiner NS-verfolgungsbedingten Flucht aus Österreich im April 1938 an die Geologisch-Paläontologische Abteilung des Naturhistorischen Museums geschenkt hatte. Wie neue Quellenfunde belegen, bat Georg Rosenberg, um nach Kriegsende aus dem Exil in Palästina wieder nach Wien zurückkehren zu können, um Empfehlungsschreiben des NHM sowie der Geologischen Bundesanstalt, die ihm seine Wiedereinreise nach Österreich ermöglichen sollten. Der Beirat kam nun zum Ergebnis, dass sich eine Rücknahme der Schenkung nach Kriegsende aus Georg Rosenbergs Perspektive negativ auf die Möglichkeit zur Rückkehr nach Wien ausgewirkt hätte, und empfahl deshalb die Rückgabe der Objekte.

MAK – Museum für angewandte Kunst

In den Beständen des MAK – Museum für angewandte Kunst identifizierte die Provenienzforschung zwei silberne Kerzenleuchter als aus dem Eigentum von Alfred Kirchenberger, der bis zu seiner zwangsweisen Pensionierung im April 1938 eine Arztpraxis in St. Pölten betrieben hatte. Aufgrund der "Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens" und deren Durchführungsverordnungen lieferte Alfred Kirchenberger die beiden Kerzenleuchter dem Dorotheum ab, das diese wiederum an das damalige Staatliche Kunstgewerbemuseum weiterverkaufte. Die Ablieferung aufgrund der diskriminierenden Gesetze befand der Beirat als nichtiges Rechtsgeschäft und empfahl die Übereignung der beiden Kerzenleuchter an Alfred Kirchenbergers Erb:innen.

Heeresgeschichtliches Museum

Ebenso sprach sich der Beirat für die Rückgabe von Gegenständen aus, die der als jüdisch
verfolgte Rechtsanwalt Siegfried Fuchs dem heutigen Heeresgeschichtlichen Museum in
Vorbereitung seiner Flucht verkauft hatte. Wie die erhaltenen Dokumente belegen, musste
sich Siegfried Fuchs nach dem "Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutsche
Reich sukzessive von Teilen seiner aus Büchern, Bildern, Drucken, Porzellanen etc.
bestehenden Sammlung trennen, um seinen Lebensunterhalt sowie die Zahlung
diskriminierender Steuern nach seinem Berufsverbot finanzieren zu können. Im Oktober
1940, wenige Wochen bevor ihm die Flucht nach Shanghai gelang, verkaufte Siegfried Fuchs
über siebzig Objektpositionen an das Heeresmuseum, was der Kunstrückgabebeirat nun
eindeutig als nichtiges Rechtsgeschäft qualifizierte.

Nationalbibliothek

Rückgaben wurden auch hinsichtlich von während des Nationalsozialismus der
Nationalbibliothek zugewiesenen, NS-verfolgungsbedingt entzogenen Büchern der Kategorie
Judaica ausgesprochen, wobei 13 dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des
Nationalsozialismus zur Verwertung zuzuleiten sind, da deren Voreigentümer:innen heute
nicht mehr identifiziert werden können; drei Bücher sind der Rechtsnachfolge nach der
österreichischen Schriftstellerin Gina Kaus, des Unterstützungsfonds Keren Hayesod Belgrad
sowie der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums zu übereignen.

Kunsthistorisches Museum

In der Bibliothek des Kunsthistorischen Museums wurden 61 Bücher des Kunsthistorikers
und Psychoanalytikers Ernst Kris identifiziert, deren Rückgabe der Beirat ebenfalls empfahl.
Ernst Kris, der aus einer jüdischen Familie stammte, hatte seine Bibliothek kurz nach dem
"Anschluss" seinem langjährigen Arbeitgeber, dem Kunsthistorischen Museum, übertragen.
Unter Hinweis auf diese Schenkung sprach sich dessen kommissarischer Leiter Ernst
Dworschak gegenüber den NS-Behörden in der Folge wohlwollend für Kris‘ Ausreise nach
England aus, die letztlich im Mai 1938 gelang; die Familie ging 1940 weiter in die USA. Ernst
Kris, dem im Oktober 1938 der Pensionsanspruch entzogen worden war, erlangte diesen
auch nach Kriegsende nicht zurück.

Volkskundemuseum Wien

In derselben Sitzung wurden des Weiteren Gegenstände aus dem Volkskundemuseum Wien
behandelt, die im Eigentum des Vereins für Volkskunde stehen, der den Kunstrückgabebeirat
um seine Einschätzung ersuchte.

So betrifft die sechste Rückgabeempfehlung Positive, Negative und Dias (insgesamt 174
Inventarnummern) aus der dortigen Fotosammlung, die infolge der Analyse der
Provenienzforschung der im August 1938 durch den Magistrat der Stadt Wien
sichergestellten volkskundlichen Sammlung von Anna Mautner zuzuordnen sind. Die Witwe
des Volkskundeforschers Konrad Mautner, die nach dessen Tod 1924 dessen Unternehmen
wie auch die volkskundliche Sammlung weitergeführt hatte, wurde im Nationalsozialismus
als Jüdin verfolgt und überlebte im US-amerikanischen Exil.

(29. Juni 2021)