Österreichischer Buchpreis 2022 für Verena Roßbacher

Der Österreichische Buchpreis 2022 geht an Verena Roßbacher für ihr Buch "Mon Chéri und unsere demolierten Seelen" (Verlag Kiepenheuer & Witsch). Die zum siebenten Mal vergebene Auszeichnung ist mit 20.000 Euro dotiert. Mit dem Debütpreis ausgezeichnet wurde Lena-Marie Biertimpel für den Titel "Luftpolster" (Leykam Verlag). Die feierliche Verleihung fand zum Auftakt der Buch Wien-Woche im Wiener Kasino am Schwarzenbergplatz statt.
Andrea Mayer, Staatssekretärin für Kunst und Kultur:
"110 Titel aus 58 Verlage waren heuer für den Österreichischen Buchpreis, 23 Debüts aus 18 Verlage für den Buchpreis Debüt eingereicht. Die fünfköpfige Jury hatte also viel zu lesen, zu diskutieren, zu vergleichen und abzuwägen, bis sie schließlich zur Long- und dann zur Shortlist kam.
Aber es gibt noch einen dritten Gewinner: die österreichische Gegenwartsliteratur, die mit diesem Wettbewerb in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Medien und des Lesepublikums gestellt wurde und gezeigt hat, was Romane, Erzählungen und Gedichte in schwierigen Zeiten zu leisten imstande sind. Ich gratuliere den beiden Preisträgerinnen und freue mich für alle nominierten Autorinnen und Autoren."
Ziel des Österreichischen Buchpreises ist es, die Qualität und Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu würdigen und ihr im gesamten deutschsprachigen Raum die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Preisträgerin Österreichischer Buchpreis 2022
Verena Roßbacher
"Mon Chéri und unsere demolierten Seelen"
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Österreichischer Buchpreis 2022
für das beste deutschsprachige belletristische, essayistische, lyrische oder dramatische Werk einer österreichischen Autorin bzw. eines österreichischen Autors
Preissumme: 20.000 Euro
Begründung der Jury:
"Charly Benz: Anfang vierzig, Langzeitsingle, ernährt sich von Fertiggerichten, raucht Kette, hört in ihrer Freizeit Bibi Blocksberg Hörspiele und öffnet aus Angst vor schlechten Nachrichten ihre Post nicht. "Ja, das war das Problem, ich musste immer alles alleine machen, Essen kochen und Musik machen, mich vor meiner Post fürchten, einfach alles. Ich seufzte. So wie es aussah, würde ich auch meine Kinder in Eigenregie zeugen müssen, sollte ich je welche haben wollen. Ich musste mir eingestehen: Die Zeit arbeitete gegen mich." Das also ist die Romanheldin! Eine desolat-komische Frauenfigur und damit literaturgeschichtlich eine Rarität. Denn komische Frauen haben es schwer bei der Leserschaft.
Verena Roßbacher ist es gelungen, mit ihrer Charly Benz nicht nur eine Figur zu schaffen, die man nie mehr vergisst. Sie gesteht ihr auch eine geradezu unglaubliche Persönlichkeitsentwicklung zu. Aus der schrulligen Außenseiterin mit einem Faible für Werbeclips aus den neunziger Jahren (Mon Chéri!) wird im Verlauf dieses rasant lustigen Romans eine Vorreiterin alternativer Lebens- und Liebesmodelle. Nicht nur gibt es auf einmal drei potenzielle Väter für ein Baby. Auch wird ein schwerkranker Mann angstfrei in den Tod begleitet.
"Mon Chéri und unsere demolierte Seelen" erzählt eine Geschichte vom Loslassen. Zwischendrin gibt es Slapstick vom Feinsten. Lustige Frauen, das lernen wir mit Verena Roßbacher, sind einfach unwiderstehlich!"
Preisträger:innen Shortlist
Die Preise der Shortlist sind mit jeweils 2.500 Euro dotiert
- Helena Adler
"Fretten"
(Jung und Jung Verlag) - Reinhard Kaiser-Mühlecker
"Wilderer"
(S. Fischer Verlag), - Anna Kim
"Geschichte eines Kindes"
(Suhrkamp Verlag) - Robert Menasse
"Die Erweiterung"
(Suhrkamp Verlag)
Österreichischer Buchpreis 2022 – Debüt
Lena-Marie Biertimpel
"Luftpolster"
Verlag: Leykam Verlag
Österreichischer Debütpreis
für das bestes Debüt einer österreichischen Autorin oder eines österreichischen Autors
Preisgeld: 10.000 Euro (gestiftet von der Arbeiterkammer)
Begründung der Jury:
"Vom Suizidversuch der Schwester aus der Bahn geworfen, begibt sich Peach, die Ich-Erzählerin, freiwillig in der Psychiatrie. "ich funktioniere nur in gedanken. die gedanken sind wie wellen und ziehen mich in die tiefe, bis ich keine luft mehr bekomme“. Der streng getaktete Klinikalltag gibt ihr Halt: Morgenspaziergang, Medikamentenausgabe, Therapien aber auch die gemeinsamen Zigaretten im Raucherraum mit einer Mitpatientin.
Die Geschichte pendelt zwischen dem Jetzt und "vor monaten" und "vor jahren". In diesen Rückblenden erfahren wir von Peaches schwieriger Beziehung zu ihren Eltern, von denen sie mittlerweile weit entfernt wohnt Und wir lernen ihren Freund Johnny kennen: "vielleicht waren messer unsere worte und küsse fäden, mit denen wir gegenseitig unsere wunden nähten".
Absolute Kleinschreibung – bis auf die Namen –, keine Anführungszeichen bei direkter Rede und Kürzestkapitel formen die Geschichte, die so ihren ganz eigenen, poetischen Sound entwickelt. Und wir sehen auch, dass Gender* in einen modernen literarischen Text passen. Ein eindringliches Debüt, wuchtig und zärtlich zugleich."
Preisträger:innen Shortlist Debüt
Die Preise der Shortlist Debüt sind mit jeweils 2.500 Euro dotiert. Der Debütpreis wird von der Arbeiterkammer Wien gestiftet.
- Sirka Elspaß
"ich föhne mir meine wimpern"
(Suhrkamp Verlag) - Anna Maria Stadler
"Maremma"
(Jung und Jung Verlag)
Fachjury für den Österreichischen Buchpreis
- Bernhard Bastien (Buchhändler, Buchhandlung Lerchenfeld)
- Edith-Ulla Gasser (Redakteurin, Ö1)
- Stefan Gmünder (Literaturkritiker, Der Standard und Volltext)
- Katharina Teutsch (Literaturkritikerin, FAZ)
- Günther Stocker (Literaturwissenschaftler, Universität Wien)