Österreichische Nationalbibliothek erwirbt literarischen Nachlass von Thomas Bernhard Der Kaufpreis über 2,1 Mio. Euro wird zum größten Teil, nämlich 1,6 Mio. Euro, vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) getragen. 500.000 Euro übernimmt die Österreichische Nationalbibliothek selbst. Der Kaufpreis orientiert sich an einem unabhängigen Gutachten, das vonseiten der ÖNB in Auftrag gegeben wurde.

Die Österreichische Nationalbibliothek erwirbt den literarischen Nachlass von Thomas Bernhard und damit einen der bedeutendsten deutschsprachigen Nachlässe des 20. Jahrhunderts. Das gaben Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer und ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger am 16. Dezember 2022 bekannt. Dem Erwerb gingen jahrlange Bemühungen der Österreichischen Nationalbibliothek voraus. Staatssekretärin Andrea Mayer hatte die Verhandlungen zum Thema unmittelbar nach ihrem Amtsantritt neu angestoßen.
Kunst- und Kulturstaatssekretärin Mayer: "Ich freue mich, dass der umfangreiche schriftstellerische Nachlass Thomas Bernhards, der auch die Schriften und Briefe seines Großvaters, Johannes Freumbichler, umfasst, an die Österreichische Nationalbibliothek geht. Großer Dank gilt dem Verhandlungsteam und Dr. Peter Fabjan, der das Erbe seines Bruders mehr als drei Jahrzehnte lang professionell und mit großer Umsicht betreut und wesentlich zur internationalen Wirkung dieses einzigartigen Autors beigetragen hat.
Der Erwerb des Nachlasses ist auch ein Auftrag: nämlich das Werk Bernhards in seiner Entstehung zu erforschen, immer wieder aufs Neue auf seine Aktualität hin zu befragen und in Ausstellungen, Sonderschauen, Lesungen, Diskussionen und anderen Formaten dem literaturinteressierten Publikum zu präsentieren. Und es gibt keinen besseren Ort dafür als die Österreichische Nationalbibliothek mit ihrem Literaturarchiv im Michaelertrakt der Hofburg und dem Literaturmuseum in der Johannesgasse."
Die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, Dr.in Johanna Rachinger, betont die Einzigartigkeit des Werks von Thomas Bernhard in der deutschsprachigen Literatur nach 1945: "Es ist Teil der Weltliteratur. Für mich ist dieser Nachlass einer der bedeutendsten Zugänge in der Geschichte der Österreichischen Nationalbibliothek." Die Nationalbibliothek sei sich der Verantwortung bewusst, diesen Bestand langfristig für die Forschung und die Allgemeinheit zu sichern, erklärt die Generaldirektorin.
Durch die Übernahme des Nachlasses können Einblicke in die Werkstatt, in der Bernhards Themen wie die Verdrängung der nationalsozialistischen Vergangenheit und das Verhältnis von Geist und Körper angesichts des Todes bearbeitet werden, gewährleistet werden. Thomas Bernhard habe einen singulären literarischen Kosmos geschaffen, in dem Sprache, Stil und Weltanschauung unauflöslich ineinander verwoben sind, betont Dr. Bernhard Fetz, Direktor des Literaturarchivs und des Literaturmuseums der Österreichischen Nationalbibliothek.
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Details zum Nachlass von Thomas Bernhard
Der Nachlass von Thomas Bernhard ist nahezu vollständig überliefert und deckt die gesamte literarische Produktion des Autors ab. Er umfasst sämtliche veröffentlichten und unveröffentlichten Werke sowie alle überlieferten Korrespondenzen. Allein an unveröffentlichten Texten sind über 150 Titel verzeichnet, hinzu kommen Notizen und autobiografische Aufzeichnungen. Der Werk-Bestand macht knapp 30.000 Blätter mit Handschriften, handschriftlich korrigierten Typoskripten und Fahnenkorrekturen aus.
Der Nachlass eröffnet vielfältige Perspektiven für Publikationen, digitale Editionen, Online-Präsentationen oder Veranstaltungen, um dieses einzigartige Lebenswerk einer breiten Öffentlichkeit noch zugänglicher zu machen. Das Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek, in dessen Dauerausstellung zur österreichischen Literatur bereits jetzt Filme, Fotos, Briefe und Manuskripte von und zu Thomas Bernhard gezeigt werden, soll Ort für weitere Begegnungen mit Thomas Bernhards literarischem Vermächtnis werden.
Hinweis
Informationen zum Nachlass von Thomas Bernhard:
(16.12.2022)